Equines Asthma in der Ausprägung einer
Rezidivierenden obstruktiven Atemwegserkrankung (COB)

Vorbericht

Im März wurde eine 13-jährige Vollblutstute zur diagnostischen Abklärung einer chronischen Atemwegssymptomatik vorgestellt. Die Stute zeigte immer wieder Nasenausfluss, schnorchelnde Atemgeräusche und Bauchatmung. Das Pferd wurde klinisch, endoskopisch und labordiagnostisch untersucht.

Untersuchungsbefunde

Die Stute zeigte eine geringgradig erhöhte Atemfrequenz (Atemfrequenz 24 Atemzüge/min) [normale Atemfrequenz eines Pferdes ca. 8-16 Züge/Minute], rasselnde Atemgeräusche beidseits im Bereich des gesamten Lungenfeldes, sowie eine deutlich forcierte Bauchatmung. (Bauchatmung kann bei schwerer und anhaltender Ausprägung zur Dampfrinne beim Pferd führen.) Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatte sie weder Fieber noch Nasenausfluss.

Blutgasanalyse (Auszug)

Analyt (arteriell) Ergebnis Einheit Referenzwert
pO2 90 mmHg 95-105
pO2(A-a), r 17 mmHg -5,1 bis +5,4

Die Werte der arteriellen Blutgasanalyse zeigten leicht gesenkte Sauerstoffsättigung des Blutes (pO2), sowie eine deutliche Beeinträchtigung des Gasaustausches im Bereich der Lungenbläschen (Alveolen) und der Gefäße (PO2(A-a)). Das bedeutet weniger Sauerstofftransport über das Blut durch eine verringerte Aufnahme von O2 über die Lunge.

Endoskopie

Kehlkopf ohne Entzündungsanzeichen, aber deutliche Sekretflocken erkennbar

Sekretstraße im Bereich der Luftröhre

In der endoskopischen Untersuchung zeigte sich eine deutliche Sekretansammlung im Rachenraum, sowie eine durchgehende Sekretstraße (Menge 3/5) im Bereich der Trachea (Luftröhre) (Abb. 1 und 2).

In der labordiagnostischen Untersuchung wurde zytologisch (unter dem Mikroskop) die Diagnose einer chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung (COB = chronisch obsturktive Bronchitis) gestellt. Die virologische Untersuchung (EHV-5 = Equines Herpesvirus 5) und die mikrobiologische Untersuchung (auf Bakterien) war negativ.

Diagnose

Equines Asthma in der Ausprägung einer rezidivierenden Atemwegsobstruktion

Beurteilung

Der Krankheitskomplex des „equinen Asthmas“ des Pferdes beherbergt zwei chronisch-entzündliche Atemwegserkrankungen: die Inflammatory Airway Disease (IAD) und die rezidivierende Atemwegsobstruktion (RAO). Die IAD kann ausheilen (die RAO nicht!), kann jedoch auch in die RAO übergehen.

Das Equine Asthma kann Pferde jeden Alters betreffen und geht meist mit einer Leistungsminderung, gelegentlichem Husten, einer Dyspnoe (erschwerte Atmung) und Nasenausfluss einher. Typisch ist eine verzögerte Normalisierung der Atemfrequenz nach Belastung, deutlich vermehrtes Schwitzen und eine pumpende Atmung bei der Arbeit, sowie verstärkt Sekret in der Luftröhre, welcher sich dann als Nasenausfluss äußert. Pferde mit RAO haben auch in Ruhe klinische Symptome (im Gegensatz zur IAD). So auch dieses Pferd.

Die Entstehung der Erkrankung ist nur unzureichend geklärt. Im Mittelpunkt stehen nicht­infektiöse Auslöser, deren Zusammenwirken und Anteile an der Erkrankung nur zum Teil erforscht sind. Jedoch kann infolge einer Viruserkrankung ein Pferd durch die „Vorschädigung“ erkranken. Vor allem Luftstaub und das Einatmen von Schimmelpilzsporen als aufrechterhaltender Faktor spielen eine große Rolle, während Kälte und trockene Luft eher von untergeordneter Bedeutung sind. Unklar ist der Beitrag von Umweltschadstoffen. Auch eine Überempfindlichkeit der Bronchien wird diskutiert.

Zusammenfassend wird die Erkrankung also durch genetische, infektiöse (Viren oder Bakterien), allergische und umweltspezifische Komponenten ausgelöst.

Ähnlich der Asthmaerkrankung des Menschen verengen sich die Atemwege, wenn das Pferd spezifische Allergene z.B. Schimmelpilzsporen einatmet.

Therapeutisch wurden im Rahmen von wissenschaftlichen Studien gute klinische Erfolge mit Interferon-alpha und inhalatorischen CpG­Nanopartikeln erzielt, jedoch sind diese Therapien leider noch nicht praxisreif.

Ein anderer Ansatz zeigt für Pferde mit RAO oder IAD nach Umstellung auf eine staubfreie Fütterung eine schnellere klinische Besserung, wenn die Tiere Omega-3­-Fettsäuren zugefüttert bekommen. Von gewissem therapeutischem Wert sind außerdem Bronchodilatatoren (Medikamente, die die Bronchien erweitern und damit das Atmen erleichtern), die im Einzelfall den Husten abschwächen und durch Verstärken der mukoziliären Clearance (Selbstreinigung der Lunge) der Schleimansammlung entgegenwirken können. Hingegen gibt es für den Einsatz von „mukoaktiven“ (Hustenlöser) Substanzen wie Acetylcystein, Bromhexin etc.  kaum belastbare Studiendaten. Das Inhalieren mit Ectoin hat sich in einigen Fällen als hilfreich erwiesen. Dieser Stoff wirkt befeuchtend und kann die Beschwerden lindern.

Zur Entzündungshemmung haben sich kortisonhaltige Präparate als Mittel der Wahl herausgestellt. Der Einsatz von ätherischen Ölen hat sich als eher nachteilig erwiesen.

Therapie

Die Stute erhielt eine medikamentöse Therapie mit Medikamenten zur Bronchienerweiterung, Schleimlösung und Verbesserung der pulmonalen Clearance (Selbstreinigung der Lunge), sowie eine potente entzündungshemmende Behandlung. Zudem wurde eine Haltungsoptimierung durchgeführt.

In 4 – 6 Wochen wird eine Nachuntersuchung durchgeführt, um ggf. das Medikationsmanagement anzupassen (z.B. auf eine Inhalationstherapie umzustellen).