Belastungsinduziertes Lungenbluten

Vorbericht

Vorgestellt wurde ein achtjähriger Warmblutwallach mit starkem Husten, welcher bereits seit letzter Saison immer wieder auftrat.
Vereinzelt wurde nach dem Transport blutiger Nasenausfluss festgestellt. Seit einigen Wochen hustet das Pferd jetzt sehr deutlich.
Der Wallach wurde klinisch, endoskopisch und labordiagnostisch untersucht.

Untersuchungsbefunde

In Ruhe zeigte der Wallach eine geringgradig erhöhte Atemfrequenz (Atemfrequenz 24 Atemzüge/min) [normale Atemfrequenz eines Pferdes ca. 8-16 Atemzüge/Minute], verschärfte Atemgeräusche beidseits im Bereich des gesamten Lungenfeldes, sowie eine geringgradig verstärkte Bauchatmung. Er hatte weder Fieber noch Nasenausfluss. Husten bestand spontan.

Abb. 1: geringgradige linksseitige Kehlkopflähmung Grad 2a/4

Abb. 2: Sekretstraße im Bereich der Luftröhre

Abb. 3: frische Blutung aus dem Bereich der linken Stammbronchien

Endoskopie

Die  Untersuchung zeigte im Rachenbereich eine geringgradige linksseitige Kehlkopflähmung (Grad 2a/4, Abb. 1).
Im Bereich der Luftröhre wurde eine annähernd durchgehende Sekretstraße (Menge 2/5, Abb. 2) offensichtlich. Das Sekret war eher flüssig (2/5).
Zudem lag zum Untersuchungszeitpunkt eine deutliche Reizung der Luftröhre vor. Im Bereich der Bronchialaufteilung wurde eine frische Blutung aus dem linken Hauptbronchus sichtbar, vermutlich ausgelöst durch den starken Hustenreiz (Abb. 3).

Die virologischen Untersuchungen auf EHV-2 und EHV-5, sowie die mikrobiologische Untersuchung waren negativ.

Diagnose

Im Rahmen der klinischen, endoskopischen und labordiagnostischen Untersuchung wurden folgende Diagnosen gestellt:

  • Geringgradige linksseitige Kehlkopflähmung Grad 2a/4
  • Equines Asthma (hier mehr Infos zum Equinen Asthma) in der Ausprägung einer chronisch-obstruktive Bronchitis
  • Belastungsinduziertes Lungenbluten

Beurteilung

Kehlkopflähmung

Die geringgradige Kehlkopflähmung hat mit großer Wahrscheinlichkeit zum jetzigen Zeitpunkt keine Relevanz für die Leistungsfähigkeit des Wallachs und ist somit nicht therapiebedürftig

Infos zum Equinen Asthma (IAD und RAO)

Das bei dem Wallach festgestellte „Equine Asthma“ in der Ausprägung einer wiederkehrenden Atemwegsobstruktion verursacht neben weiteren Faktoren das belastungsinduzierte Lungenbluten. Infolge der Entzündungsprozesse in der Lunge steigt der Unterdruck im Brustraum während des Einatmens, so dass Blutgefäße platzen können. Zusätzlich ist wissenschaftlich erwiesen, dass in die Lunge eintretendes Blut zusätzliche Entzündungsprozesse auslöst, sodass ein Teufelskreis entsteht. Mit Verbesserung des Equines Asthmas verbessert sich in der Regel auch das Lungenbluten.

Der Krankheitskomplex des „equinen Asthmas“ des Pferdes beherbergt zwei chronisch-entzündliche Atemwegserkrankungen, die Inflammatory Airway Disease (IAD) und die rezidivierende Atemwegsobstruktion (RAO). Im Gegensatz zur RAO kann die IAD ausheilen, kann jedoch auch in die RAO übergehen.

Symptome

Das Equine Asthma kann Pferde jeden Alters betreffen und geht meist mit einer Leistungsminderung, gelegentlichem Husten, einer Dyspnoe (erschwerte Atmung) und Nasenausfluss einher. Typisch ist eine verzögerte Normalisierung der Atemfrequenz nach Belastung, deutlich vermehrtes  Schwitzen und eine pumpende Atmung bei der Arbeit, sowie verstärkt Sekret in der Luftröhre. Im Gegensatz zur IAD haben Pferde mit RAO auch in Ruhe klinische Symptome.

Entstehung

Die Entstehung der Krankheit ist nur unzureichend geklärt. Im Mittelpunkt stehen nicht­infektiöse Auslöser, deren Zusammenwirken und Anteile an der Erkrankung nur zum Teil erforscht sind. Jedoch kann infolge einer Viruserkrankung ein prädisponiertes Pferd erkranken. Vor allem Luftstaub, als aufrechterhaltender Faktor, spielt eine große Rolle, während Kälte und trockene Luft eher von untergeordneter Bedeutung sind. Unklar ist der Beitrag von Umweltschadstoffen. Auch eine Überempfindlichkeit der Bronchien wird diskutiert.

Therapie

Therapeutisch wurden im Rahmen von wissenschaftlichen Studien gute klinische Erfolge mit Interferon-alpha und inhalatorischen CpG­Nanopartikeln erzielt, jedoch sind diese Therapien leider noch nicht praxisreif.

Ein anderer Ansatz zeigt für Pferde mit RAO oder IAD nach Umstellung auf eine staubfreie Fütterung eine schnellere klinische Besserung, wenn die Tiere Omega-3­-Fettsäuren zugefüttert bekommen. Von gewissem therapeutischem Wert sind außerdem Bronchodilatatoren (Medikamente zur Erweiterung der Bronchien), die im Einzelfall den Husten abschwächen und durch Verstärken der mukoziliären Clearance (Selbstreinigung der Lunge) der Schleimansammlung entgegenwirken können.

Zusätzlich empfehlen wir entzündungshemmende Präparate.

Therapieempfehlung

  • Medikamente

    Der Wallach erhielt eine medikamentöse Therapie zur Bronchienerweiterung und Verbesserung der Selbstreinigung der Lunge, sowie einen Entzündungshemmer.

     

  • Haltung

    Zusätzlich ist ein optimiertes Haltungsmanagement für den Therapieerfolg bedeutsam. Studien zeigten, dass ein 15-minütiger Kontakt zu trockenem Heu oder Stroh täglich zu einem Aufrechterhalten der Erkrankung führte. Aus diesem Grund sollte das Pferd möglichst staubarm auf einer Späneeinstreu (alternativ Torf-, Hanf- oder Holzgranulateinstreu) gehalten werden. Als Raufutter sollte ausschließlich qualitativ hochwertiges gut gewässertes oder bedampftes Heu angeboten werden (Selbstbauanleitung Heubedampfer unter www.cavallo.de). Das Kraftfutter kann wie gewohnt gefüttert werden. Bitte achten Sie auch darauf, dass weder Stroh, noch trockenes Heu im direkten Umfeld der Pferde (Heuboden über den Boxen oder Lagerung auf der Stallgasse) gelagert wird. Schimmelige Rundballen sollten vollständig verworfen werden, da selbst das sichtbar unauffällige Heu dieser Ballen mit Pilzsporen kontaminiert ist. Paddocks und Reitplätze sollten regelmäßig von Kot gereinigt werden, da sich sonst deutlich die Schimmelpilzbelastung im Staub erhöht.

     

  • Belastung

    Der Wallach vorerst lediglich im Schritt belastet werden, um erneuten Lungenbluten und einem Aufrechterhalten der Entzündungsvorgänge vorzubeugen. Nach 3 Wochen medikamentöser Therapie und Haltungsoptimierung kann der Wallach, sofern er nicht mehr spontan hustet, über mehrere Wochen langsam antrainiert werden.

Nachsorge

Nach 4 – 6 Wochen sollte eine endoskopische Nachuntersuchung durchgeführt werden, um ggf. das Medikationsmanagement auf eine Inhalationstherapie umzustellen

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